Jetzt haben die Promis auch das letzte Stück Respekt verloren. Wie ich heute auf Bild.de lesen musste findet zur Zeit “Das große Promi-Pilgern” auf dem Jakobsweg statt. Vier Promis, darunter auch Charlotte Engelhardt, die sich gerade erst für den Playboy ausgezogen hat, wandern den durch Harpe Kerkeling ins Medieninteresse gerückten Pilgerpfad nach Santiago de Compostela. Dabei berichten sie im Moment noch per Handy und später im Herbst dann auf Pro7 mit einer eigenen Doku-Soap über ihre Strapazen, Eindrücke und Gedanken.
Irgendwie bekomme ich da schon das grosse Kotzen. Der Leser möge mir verzeihen, aber ich denke, dass der Pilgerpfad nach Santiago de Compostela ein Jahrhunderte alter spiritueller Weg ist, den Menschen aus ganz eigenen Gründen gehen. Manche aus Religiösen und manche aus eher Weltlichen. Aber jeder Wanderer der sich auf diesen Weg begibt sucht etwas. Und das ist sicherlich keine Doku-Soap und kein Medienrummel. Wenn man wie Harpe Kerkeling seine Eindrücke in einem Tagebuch niederschreibt und dieses dann als Buch veröffentlicht ist das ok. Das Buch war lustig zu lesen und hat während seiner Reise niemanden geschadet/beeinflusst.
Wie verarscht muss man sich allerdings vorkommen, wenn man den Pilgerpfad mit ernsten und ganz privaten Gründen bereist und dann kommt juhidihui eine Promischar des Weges, gefolgt vom Pro7 Sendewagen-Konvoi. Überall auf dem Weg stehen Kameras, die Leute werde gefilmt und befragt. Das wäre so als ob man Leute beim Beten in der Kirche aufnehmen würde.
Klar mag jetzt der eine oder andere Leser sagen: Hey warum regt der sich so auf. Ersten ist das nur ein Weg und zweitens ist das halt die Medienwelt.
Zum ersten muss ich sagen: Nein; der Camino ist nicht nur ein Weg unter vielen. Dann könnte man auch durch das schöne Harz wandern oder von Deutschland nach Italien laufen. Der Camino ist seit seiner Entstehung ein tief spiritueller Weg, der denjenigen ruft, der sich ihm öffnet.
Und zum zweiten muss ich sagen: Ja leider. Als Medienstudent weiss ich, dass das die Realität ist. Allerdings finde ich, dass es ethische Grenzen gibt. Und die wurden hier eindeutig überschritten. Der Pilgerpfad nach Santiago de Compostela sollte nicht als Trittbrett dienen um B-Promis ins Rampenlicht zu rücken und schnöden Mammon zu verdienen.
Ich gebe zu, dass ich auch aus dem Grund etwas ungehalten reagiere, da ich den Weg in den nächsten Jahren selber gehen wollte und mir durch solche Aktionen die Freude daran oder darauf deutlich getrübt wird. Und jetzt dürft ihr in den Kommentaren loslegen.
Content Marketing Manager
Generalist: Projektmanager mit Faible Content Marketing & Social Media, ausgebildeter Journalist & PR-Berater, Erfahrung in Unternehmenskommunikation, Digitalisierung und Collaboration-Tools.
Hi,
obwohl ich bestimmt keine Vertreterin von Pro7 bin, denke ich, daß man auch mit Kamera seine ureigensten Erfahrungen sammeln kann. Nur, weil man im Rampenlicht steht, heißt das ja noch lange nicht, daß man 800 km getragen wird… Auch im Kopfe eines semi-Promis spielen sich bestimmt Gedanken ab, die nicht mit der Kamera festzuhalten sind. Wir leben heute eben öffentlich und wenn sich auch nur ein Elternpaar durch die Supernanny Gedanken über den ureigensten Erziehungsstil gemacht hat, dann finde ich, daß diese Sendung ihren Zweck erfüllt hat. Das gleiche gilt für mich für den Carmino – vielleicht sieht es ja jemand, der für sich hier einen Weg sieht und der eine macht sich dann auf….Dann wäre die Sendung es in meinen Augen wert gewesen, gezeigt zu werden.
Die Menschheit sucht halt nach dem Sinn und viele Nichtintellektuelle beziehen einen großen Teil ihres Wissens aus den “großen” Medien. Sind sie dadurch schlechter oder besser als andere?
Ich finde, wer den Carmino geht, egal aus welchen Gründen auch immer, wird etwas finden, ob mit oder ohne Kamera.
In diesem Sinne
Ultreia
Hi Ultreia
ich gebe dir absolut Recht, dass jeder der den Camino läuft etwas sucht und vielleicht auch etwas findet. Und bei dem Beispiel mit der Nanny gebe ich dir auch Recht. Gleiches gilt für ähnliche Sendungen wie Diät Ratgeber oder Sendungen die allgemein Zuschauer anspornen anderen Menschen zu helfen. Auch habe ich gar nichts dagegen wenn ein Promi pilgert. Er oder sie ist auch nur ein Mensch. Allerdings denke ich, dass diese Promis den Weg nicht aus eigenem Antrieb und eigener “Erleuchtung” gehen sondern für die Kamera gehen. Ob sie dabei etwas finden will ich nicht ausschliessen. Allerdings denke ich, dass sie den Weg aus den falschen Gründen gehen. Und zwar aus Sucht nach Ruhm und oder Geld. Und nicht weil sie den Weg einfach für sich gehen wollen. Und die Kameras und der Sender unterstützen diese Idee. Und das widerspricht meiner Meinung nach dem Sinn des Weges.
Du hast ebenfalls Recht, dass Nichtintellektuelle ihre Erfahrungen aus den Massenmedien holen. Allerdings ist diese Klientel wohl kaum die Art von Mensch ist, die sich daraufhin auf den Weg nach Spanien machen.
Ob diese Menschen dann besser oder schlechter sind will ich auf keinen Fall damit sagen. Ich meckere ja über die Promis und nicht die Zuschauer 😉
dir aber herzlichen Dank für den Kommentar
Ich verstehe Dich sehr gut. Mir ging es genauso, als ich einigen Freunden gestand, daß ich den Weg gehen will.Da kam dann das buch von Hape zu mir. Geschenk!
Ich fand den immer nicht so toll. Gut , dann habe ich mir seuine Sendung genauer angesehen, nachdem ich etwas Zugang zu ihm fand durch sein Buch. Ich hatte es eher unlustig gelesen.
Ich wollte den Weg irgendwie dann eher nicht gehen, da so ein Bestseller es vermiesen kann.
Dann habe ich mein Vorhaben nicht überall erzähltm, da man ja dann eher in die Hape Kerkeling -Schublade gesteckt wird, so nach dem Motto , ach die auch!
So, und dann ging ich los 23.4.-16.5. 2007.
Alleine!! Ab Burgos bis zum Ende in 3 Wochen.
Ich mußte feststellen, ein absoluter Traum–reiche Erfahrungen–die beste Entscheidung meines Lebens–ich habe es keinen Augenblick bereut–habe nur in Herbergen geschlafen- kein Hotel und solche Scherze–es ist nichts für Verwöhnte–aber es lohnt sich.
–also machs trotzdem–jeder geht den Weg anders– im April nicht überfüllt–alles blüht und ist grün–im Herbst ist es nicht so toll–ich bin 56 Jahre alt–bin nie gewandert–habe alles aus den Jakobsforen gelesen und mich an Ausrüstungsvorschläge und Anweisungen gehalten–habe mit 20 km angefangen und konnte es nicht fassen, daß ich zum Ende hin 30 km gelaufen bin ohne eine einzige Blase—
Herzlichen Gruß und Guten Weg wünscht Maria
Schon letztes Jahr stand in der Süddeutschen Zeitung, der Jakobsweg sei das Mallorca der Fernwanderer. Als ich dieses Jahr die Strecke von Burgos nach Santiago zurücklegte (mit einer Radlergruppe im Schlepptau und bereits das zweite Mal) wurden wir mehrfach angesprochen, was für eine Propaganda es ein Deutschland für den Jakobsweg gäbe, alle seien mit dem Kerkeling-Buch unterwegs gewesen. Also: Wer Erfahrung, das Fremde, vielleicht sogar Abenteuer sucht, spirituelle Einkehr und authentische LAndeskunde sollte woanders entlang gehen (beispielsweise den Nordweg am Atlantik entlang). HErzlich, Mira Mond
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