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Der Onlinebrief und seine (erhofften) Ziele


Am Mittwoch stellte die Deutsche Post auf Cebit ihren Onlinebrief der Öffentlichkeit vor. Technisch gesehen wurde nichts erwähnt, was nicht auch auf der Homepage oder im Internet bereits verfügbar wäre. Interessant wird es jedoch wenn sich die strategischen Ziele und die Mehrwertdienste der Deutschen Post näher betrachtet. Doch zuerst zur Presskonferenz.

Anwesend waren neben der Deutschen Post auch Vertreter der beiden grössten Partner ADAC und Lotto Hessen. Diese beiden bilden neben ein paar kleineren Partner die Zugpferde des Projekts und sollen dafür sorgen, dass der Onlinebrief von der breiten Öffentlichkeit angenommen und genutzt wird. Denn nur ein System das vom Kunden angenommen wird bringt Erfolg.

Ein paar inhaltliche Details:
Der ADAC hat rund 17 Millionen Mitglieder und ist Deutschlands grösster Automobil Club. Darüber hinaus betreibt der ADAC Online-Mitfahrerportale und veröffentlicht mehrmals im Jahr eine Clubzeitschrift. Ausserdem hat der ADAC als Muttergesellschaft auch verschiedene Tochtergesellschaften wie z.B. Versicherungen.
Lotto Hessen tätigt 1,7 Millionen Kommunikationsabläufe pro Woche und ist in Deutschland einer der grössten regionalen Lotto Gesellschaften.

Nach Annahmen der Deutschen Post, und Google bestätigt diese Zahlen, sind etwas mehr als 70% der Privathaushalte und 80% der Unternehmen in Deutschland online erreichbar. Diese sollen per Onlinebrief in Zukunft schnell und sicher erreichbar sein. Für den „internetlosen Rest“ bietet die Deutsche Post den Hybrid-Brief an. Ein Onlinebrief wird per Computer verschickt und von der Deutschen Post ausgedruckt und an die Postadresse des Empfängers geliefert. So kann auch die Omi ein Brief vom Enkel bekommen. 🙂
Und wenn die Omi antworten will, kann sie in Zukunft auch einen Papierbrief schreiben, der dann von der Post eingescannt wird und an die Onlinebrief-Adresse des Enkels zurückgeschickt wird. Der Hybrid-Brief funktioniert also in beide Richtungen.

Die Post versuchte durch die Presskonferenz natürlich ihr Produkt so gut wie möglich aussehen zu lassen. Die Vertreter wurde darum auch nicht müde ein paar Punkt gebetsmühlenartig aufzuzählen. So wurde immer wieder wiederholt, dass der Onlinebrief die Schnelligkeit der E-Mail mit der Sicherheit des Papierbriefs kombiniere. Firmen und Privatleute könnte damit ihre Kosten senken und schneller und sicherer kommunizieren. Der Hybrid-Brief erlaube es dazu alle Kunden und auch Privatleute zu erreichen. Darüber hinaus sollen Mehrwertdienste dem Projekt den nötigen Aufschwung geben. Auf einige der neu erwähnten Mehrwertdienste soll an dieser Stelle kurz eingegangen werden.

Micro-Payment:
Durch die Identifikation und die Hinterlegung der Kontodaten soll es bald möglich sein, kostenpflichtige Inhalte wie z.B. Zeitungsartikel zu kaufen, ohne dabei auf jeder Seite seine Kontodaten oder Kreditkartennummer angeben zu müssen. Man bestellt ein Produkt und die Post erledigt die Bezahlung. Vorteil ist, dass nur noch eine Organisation die Bankdaten kennt. Somit wäre dieser Mehrwertdienste ein Konkurrent zum Pay-Pal-System.

Riskante Rechnungen:
Rechnungen vom Arzt oder andere sensible Rechnungen sollen in Zukunft auch über das Post-System abgewickelt werden können. Dabei kann die Rechnung direkt per Mausklick überwiesen werden. Darüber hinaus sollen z.B. Arztrechnungen sicher und schnell an die Krankenkassen weitergeleitet werden können. Der Zeitvorteil und die Einfachheit sollen hier den Kunden locken. Alles natürlich immer unter dem nötigen Datenschutz und der sicheren Verschlüsselung der privaten Daten. Wie dieser Zusammenschluss aber technisch genau aussehen soll, konnte in der Pressekonferenz nicht beantwortet werden. Es bleibt also bis jetzt noch Zukunftsmusik.

Die Post baut bei ihrem Projekt wie bereits öfters erwähnt auf ihren guten Ruf. Briefgeheimnis und Zuverlässigkeit im Datenschutz und der Zustellung sollen den Kunden auch weiterhin überzeugen.

Dokumenten Safe:
Wie bei De-Mail soll auch ein Dokument-Safe angeboten werden, in den Kunden wichtige und sensible Dokumente einlagern können.

Nun zu den Partnern:
Der ADAC als grösster Automobilclub Deutschlands will in Zukunft alle seine Mitglieder schnell und sicher informieren. So zumindest der Wunsch. Auch der Autokauf soll mit dem Onlinebrief sicher werden. Da man sich identifizieren muss, weiss der Vertragspartner auch, an wen er sein Auto verkauft. Betrügerei beim Online-Autokauf, der ADAC spricht hier von einer steigenden Zahl, sollen damit unterbunden werden.
Auch bei der Mitfahrerzentrale soll der Onlinebrief helfen den Kontakt eindeutig zu identifizieren. Somit soll in Zukunft jeder wissen mit wem er wirklich mitfährt. Als Beispiel wurde die 16-jährige Tochter genannt, bei der die Eltern überprüfen können bei wem sie ins Auto steigt oder auch allgemein Frauen, die lieber bei Frauen mitfahren.

Lotto Hessen will gleich ein ganzes Paket von Mehrwertdienste nutzen. So soll über den Onlinebrief nicht nur Lotto gespielt werden können ohne das warme Wohnzimmer zu verlassen, sondern es sollen auch Schutzmechanismen greifen. Da man sich auch mit Alter identifizieren muss, kann die Lottogesellschaft prüfen wie alt man ist, ob man auf einer Sucht-Sperrliste steht usw. Das Identifikationsverfahren soll helfen rechtliche Beschränkungen beim Glücksspiel umzusetzen. So ist soll auch ein finanzielles Oberlimit wie ein Nachtspielverbot greifen.

Ein paar technisch Details:
Erwähnt wurden auch Mobiltelefone. Das Versenden und Empfangen soll auch per Smartphone möglich sein. Wie das genau ablaufen soll, ob es nur einen POP-Zugang oder auch einen Push-Service geben soll, wurde aber nicht beantwortet. Allgemein wurden die technischen Belange etwas hinten angestellt. Sicher ist jedoch, dass man sich per SMS bernachrichtigen lassen kann, wenn ein Onlinebrief im Posteingang eingetroffen ist (kostenpflichtig). Somit muss man nicht ständig sein sein Posteingang kontrollieren.

Fragerunde: (geordnet nach Themen)
Nach der Pressekonferenz hatten die Journalisten die Möglichkeit Fragen zu stellen. Ohne gross meckern zu wollen, muss ich sagen, dass ich doch recht negativ überrascht war, wie wenig sich manche Journalisten informiert hatten bevor sie an die Pressekonferenz gingen. So wussten manche nicht einmal Dinge, die bereits seit Wochen im Internet standen. Für Vorrecherche fehlt bei manchen wohl die Zeit oder auch das Interesse. Kleiner Tipp am Rande: Lest meinen Blog 🙂

Konkurrent De-Mail:
Auf diesen Punkt wollten alle Beteiligten nicht wirklich eingehen. Jeder vermied den Onlinebrief als Konkurrenzprodukt den De-Mail zu bezeichnen. Ob dies als Anzeichen dafür gesehen werden kann, dass sich die Deutsche Post ein Hintertürchen offen hält um vielleicht doch irgendwann zum De-Mai-Projekt dazuzustossen sei an dieser Stelle offen.

Start:
Offizieller Start soll im Juni 2010 erfolgen. Bis dahin läuft das Pilotprojekt noch.

Datensicherheit – wer kann alles die Mails lesen:
Lustig war, dass sich beim Thema Datensicherheit der Leiter der Pressestelle der Deutschen Post und sein Dutz-Freund aus der Informatikabteilung widersprachen. Der Leiter der Pressestelle gab als Schutzfunktion das „4-Augen-Prinzip“ an, welches vorsieht, dass kein Administrator und kein Techniker allein im System arbeiten darf und damit auch nicht die Gelegenheit erhält ohne Aufsicht irgendwelche Mails zu lesen, während der Informatiker meinte, dass alles Mails auf dem Server verschlüsselt sind und nicht einmal von Admins gelesen werden können. Wer jetzt recht hat weiss ich nicht. Bei De-Mail liegen die Mails jedoch UNverschlüsselt auf dem Server, was das „4-Augen-Prinzip“ nötig macht. Allerdings bietet der Onlinebrief auch die Möglichkeit Mails direkt zu verschlüsseln. Dabei kann nur der Original-Empfänger das Mail lesen. Ob jetzt der Informatiker von dieser Verschlüsselung gesprochen hat und der Leiter der Pressestelle vom normal Ablauf, kann ich an dieser Stelle nicht beurteilen.

Gesamtkundenzahl:
Alle Partner haben bis jetzt eine Kundenzahl von 40 Millionen (Doppelzählungen nicht berücksichtige). Diese sollen alle per Onlinebrief in Zukunft erreicht werden.

Preise:
Nach Angaben der Deutschen Post sind die bereits öfters erwähnten 46 Cent für den Hybrid-Brief die internen Kosten. Für wieviel der Service an den Endkunden „verkauft“ wird wollte niemand sagen. Auch wurden die 20 Cent für den Onlinebrief nicht bestätigt. Preise wurde auf der ganzen Pressekonferenz überhaupt nicht gesagt. Fragen dazu wurde mit der Entschuldigung und dem Verweisen auf interne Geschäftsstrategien höflich abgeblockt.

Kompatibilität De-Mail:
Ist offiziell noch in Bearbeitung/Verhandlung, allerdings konnte man meiner Meinung nach heraushören, dass die Post nicht an einer Kompatibilität zu De-Mail interessiert ist. Der Onlinebrief soll im Moment als eigenständiges Produkt vermarktet werden. Allerdings wurde auch keine eindeutig Ablehnung ausgesprochen.

Kundenfreundlichkeit:
Laut ADAC sind vor allem jüngere Kunden daran interessiert den Briefkontakt auf das Internet zu verlegen. Hier will der ADAC den Kundenwünschen entgegenkommen. Der Onlinebrief soll die Kommunikation mit dem Kunden schneller, sicherer und für die Firmen auch kostengünstiger machen. Berechnet man die Kosten für einen Standartbrief (Papier, Drucker, Tinte, Versand und interne Postabteilungskosten) so kann man doch ein paar Cent mit dem Onlinebrief sparen. Das dürfte sich rechnen, wenn man in die Millionzahl geht.

Es wird erwartet, dass das Kommunikationsvolumen mit der Möglichkeit des Onlinebriefes zunimmt, was natürlich der Deutschen Post entgegenkommen würde. Rechnet diese doch in Zukunft mit einem dreistelligen Millionenumsatz. Der Onlinebrief soll das Postgeschäft beflügeln. (Quelle Finanzen.net)

Briefgeheimnis:
Immer wieder wurde das Stichwort Briefgeheimnis angespochen. Leider konnte keiner der Anwesenden klipp und klar sagen, ob der Onlinebrief unter das Briefgeheimnis fällt oder rechtlich wie ein E-Mail angesehen wird. Leider bin ich kein Jurist und kann die Unterschiede nicht professionell erklären. So wie es jedoch aussieht, weiss im Moment niemand wo der Onlinebrief einzuordnen ist. Die Post spricht zwar immer von Briefgeheimnis, vermiedet aber den Onlinebrief als offiziell vom Briefgeheimnis geschützt zu betiteln. Ob das Absicht ist oder nur nicht sauber bei mir angekommen ist, kann ich nicht beurteilen.

Internationalität:
Wie man hören konnte konzentriert sich die Deutsche Post fast ausschliesslich auf den deutschen Markt. Das Ausland wird im Moment nicht als möglicher Markt gesehen, da hier die Deutsche Post keinen Namen hat. So wie es sich angehört hat, bleibt der Onlinebrief also ein rein deutsches System.

P.S.: An dieser Stelle sei erwähnt, dass ich weder Geld für diesen Artikel erhalte noch in irgendeiner Abhängigkeit zur Deutschen Post stehe. Auch will ich weder den Onlinebrief noch das De-Mail Projekt „verkaufen“. Ich kenne auch die negativen Seiten dieser Projekte. Ziel ist beide Systeme vorzustellen und gegeneinander abzuwägen. Jeder muss selber wissen, ob er oder sie diese Dienstleistungen nutzen will oder lieber beim Papierbrief bleibt.

Wie immer gilt das Kommentare mit Quellen oder guten Erklärungen belegt werden sollten. Inhaltslose Vermutungen und Anschuldigung bringen keine neuen Erkenntnisse.

2 thoughts on “Der Onlinebrief und seine (erhofften) Ziele”

  1. Es ist übrigens bei “Datensicherheit – wer kann alles die Mails lesen” kein Widerspruch, wenn das 4-Augen-Prinzip gilt und die Daten verschlüsselt auf den Servern liegen.

    Da spätestens beim Abruf durch den Empfänger die Daten entschlüsselt werden müssen, muss das “System” Onlinebrief den Entschlüsselungsschlüssel kennen. Damit ein Admin alleine nun nicht auf die Daten zugreifen und die Daten entschlüsselt kann, muss für einen wirksamen Schutz das 4-Augen-Prinzip umgesetzt werden. Ein Admin hat Zugriff auf den Entschlüsselungsschlüssel und ein anderer Admin hat Zugriff auf die verschlüsselten Daten. Erst wenn beide zusammen arbeiten würden, könnte unbefugt auf die Daten zugegriffen werden.

    De-Mail setzt es übrigens genauso um: Sowohl Verschlüsselung der Daten auf den Servern als auch 4-Augen-Prinzip (siehe u.a. das Whitepaper zu De-Mail).

  2. @ Grobi:
    Danke für dein Kommentar.
    Dass sich beide Sicherheitsmechanismen (4-Augen und Verschlüsselung) nicht ausschliessen ist klar. War halt interessant, dass auf der Pressekonferenz der Chef und der Informatiker eine andere Antwort gegeben haben.
    Zum Thema De-Mail:
    Das mit der Verschlüsselung habe ich in einem 3 Wochen später geschriebenen Artikel auch bekannt geben. Es lohnt sich immer die aktuellen Beiträge zu diesem Thema zu lesen, da ich immer wieder ein paar offene Fragen beantworte.
    https://www.ralfbachmann.de/category/de-mailonlinebrief/

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