Oder: Wieviel Frechheiten darf sich Apple eigentlich noch erlauben?
Früher sagt man: „Die Ratten verlassen das sinkende Schiff“. Natürlich würde niemandem einfallen Adobe Ratten zu nennen, doch wie jetzt bekannt wurde, steigt Adobe aus dem iPhone-Geschäft aus. Wie engadget Deutschland berichtet, soll von nun an vor allem das Konkurrenzsystem Android unterstützt werden:
Das war zu erwarten: nachdem Apple Adobe mit der Verbannung von fremdkompiliertem Content im iPhone OS so richtig vor den Kopf gestossen hat, gibt Adobe nun bekannt, dass sie den Packager for iPhone aus Flash CS5 zwar drinlassen, aber nicht weiter entwickeln wollen. Adobes Product Manager Mike Chambers sagte, dass sie sich nun auf die Entwicklung für Android und andere mobile Plattformen konzentrieren wollen.
Ist das nun der Anfang vom Ende? Ist Adobe nur der erste grosse Programmierer der sich die Sperenzien von Apple nicht mehr gefallen lässt? Werde andere bald folgen?
Geht man von den Verkaufszahlen aus, ist das Google System zwar noch weit abgeschlagen, holt aber mächtig auf. Neue Geräte und bessere Einstellmöglichkeiten setzen sich so langsam gegen den „iPhone macht sexy Trend“ durch. Von November 2009 bis März 2010 legten die Verkaufszahlen von Androis-Handys in den USA um 5,1 % zu, während die von Apple sogar 0,1 % nachliessen. Marktforschen sind sich sicher, dass dieser Trend anhalten wird und prognostizieren Android ein Wachstum von satten 900%:
Laut einer aktuellen Studie von US-Marktforschern des Unternehmens Strategy Analytics wird Google mit seinem Betriebssystem Android das iPhone von Apple in puncto Wachstumsraten deutlich in die Schranken weisen: Während die Marktforscher für Android-Modelle um bis zu 900 Prozent steigende Verkaufszahlen für dieses Jahr erwarten, soll Apple durch das neue iPhone lediglich einen Schub von 79 Prozent erreichen können. (Quelle)
Allerdings sind die Zahlen vom Mai 2009. Wie es Ende 2010 aussieht bleibt abzuwarten. socialmediadirector.de berichtete im Januar 2010 von 250% Zunahme bei der Nachfrage nach dem Android OS.
Aber auch der Android AppStore scheint anzuziehen. Wobei hier die Zahlen immer etwas ungenau sind, denn zum einen kann man im Gegensatz zu Apple aus dem ganzen Internet Android Apps ziehen, die nie im Android Store erfasst werden und zum anderen sind sich sogar die Quellen im Internet uneins wieviel Programmen nun wirklich im Adroid App Store sind. Google selber schweigt zu den genauen Zahlen. Es gibt also eine grosse Dunkelziffer an Android Apps, die nie in einer Statistik auftauchen. Aber irgendwie scheint das niemanden bei den grossen Handy-Zeitschriften zu interessieren. Für die gibt nur die offiziellen Stores. Alle paar Monate nur macht sich ein Zeitschrift die Mühe und weisst dezent auf dieses Problem hin.
Über die Qualität der Apps und damit den Nutzen für die User sagen diese Zahlen jedoch kaum etwas aus. Massen an Wallpapers, Klingeltönen und RSS-Readern sorgen für hohe Zahlen. Wie viele nützliche Programme für verschiedene Zwecke den Anwendern zur Verfügung stehen, geht daraus nicht hervor. […]
Die reine Menge der Apps ist leichter zu messen als die Qualität der Software. Nutzerwertungen und Download-Zahlen sind jedoch zwei zusätzliche Kriterien, die einen besseren Maßstab zur Beurteilung liefern würden. Im Gegensatz zum App Store von Apple, bei dem der Konzern jede einzelne App erst genehmigen muss, bevor Nutzer von iPhone, iPod Touch und iPad sie auf ihrem Apple-Gerät installieren dürfen (Downloads sind nur über den App Store möglich, nicht von anderen Webseiten), gibt es bei Android OS solche Beschränkungen nicht. (Quelle)
Allerdings ist meine persönliche Meinung zum Apple AppStore auch eher von geteilter Natur. Wenn man Programme, die lediglich ein mit der Handykamera gemachtes Photo als E-Mail verschickt, als neues „Postkarten-Apps“ ausweist, wundert es nicht, dass Apple auf 170.000 Apps kommt. Funktionen die eh bereits vorhanden sind neu verpacken und verkaufen ist wirtschaftlich auch eine Leistung *Ironie-Ende*.
Ob das im Android App Store ebenfalls der Fall ist, kann ich an dieser Stelle nicht beurteilen, da ich kein Android-Gerät besitze.
Interessant wird es jedoch, schaut man sich das genaue Verhalten von iPhone und Android Nutzer an:
– Durchschnittliche Anzahl Downloads pro Nutzer und Monat: iPhone 8,8 vs Android 8,7
– Prozent der Nutzer, die mindestens eine kostenpflichtige App erworben haben: iPhone 50% vs Android 21% (vgl. Grafik 2)
– Anteil der weiblichen Nutzer nach Plattform: iPhone 43% vs Android 27% (Quelle)
Laut einer Studie stammen 50 Prozent des mobilen Traffics von iPhones.
Schaut man sich jedoch den Inhalt genauer an, wird aus den Freudenrufen bald „Gelächter“.
Satte 85 Prozent der Kunden nutzen den Webbrowser, im Smartphone-Durchschnitt sind es gerade mal 58 Prozent – so das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung zum Nutzerverhalten von Handy-Kunden.
Besonders beliebt sind bei iPhone-Nutzern zwei vorinstallierte Web-Widgets, hat M:Metrics herausgefunden: Youtube und Google Maps. Webvideos, überwiegend mit dem Zeitkiller Youtube, betrachten 30 Prozent der iPhoner. Der Marktduchschnitt liegt bei 4,6 Prozent. Google Maps nutzten im Januar 36 Prozent (Durchschnitt: 2,6 Prozent).
Die M:Metrics-Analyse belegt auch eine hohe Affinität zu Social Networks, die von fast 50 Prozent genutzt werden. Nummer eins: Facebook mit 20 Prozent […] (Quelle)
An der Spitze der Inhalten liegen also Datenfresser wie Web-Videos, Online-Navigation und Photos anschauen auf Social Networks. Da wundert es kaum, dass der Traffic so immens hoch ausfällt.
Auch werden die Zahlen stark relativiert, wenn man sich die Verträge anschaut, mit denen das iPhone in den meisten Ländern vertreiben wird.
“Das iPhone ist zweifellos seinem Hype gerecht geworden”, sagt M:Metrics-Analyst Mark Donovan zu den Ergebnissen. “Alle Nutzerzahlen von Web-Video bis SMS liegen weit über den üblichen Werten. Das stimmt. Und die geniale Nutzeroberfläche des iPhones hat ihren gehörigen Teil dazu beigesteuert. Die Zahlen sind wirklich überzeugend.
Allerdings muss man dazu sagen, dass auch die “gelungene” Zwangs-Tarifkombination einen Großteil dazu beiträgt. Schätzungsweise 75 Prozent der iPhone-Käufer haben das Gerät mit den jeweiligen Standardverträgen gekauft. Die beinhalten große Freikontingente für Web-Surfen und Messaging. Wäre ziemlich blöd, die nicht auszunutzen, wenn man sie schon jeden Monat teuer bezahlt. “Wenn die Angst vor überraschenden Rechnungen am Monatsende erst mal eliminiert ist, steigt die Nutzungsrate dramatisch an”, so Donovan.
Ein Teil der Zahlen ist also schlicht self fullfilling prophecy. Die Nicht-Webnutzer sind überwiegend Kiddies mit gehackten iPhones, die ihr Mobilfunk-Vertrag arm machen würde, wenn sie anfangen im Web zu surfen oder stundenlang Videos gucken. (Quelle)
Wer also eine Vertrag mit vielen MegaByte inklusive hat, nutzt diese auch aus. Und wenn es sein muss auch nur damit sie nicht umsonst gezahlt werden. Somit werden iPhone-Nutzer fast schon in Internet „getrieben“. Ob die Zahlen somit wirklich am „tollen“ iPhone liegen oder auf die Verträge zurückzuführen sind bleibt offen. Aber Zahlen kann man bekanntlich auch schön reden.
Meines Wissens – leider fehlen mit hierzu Quellen – wird in so ziemlich jedem Land das iPhone nur mit solchen „dicken“ Verträgen angeboten.
Den Vogel hat Apple allerdings mit einer weiteren Geschichte abgeschossen.
Stellt euch vor, ihr geht in ein Geschäft und wollte ein Produkt kaufen und der Verkäufer verweigert euch den Verkauf, mit der Begründung, dass man schon zuviel von diesem Produkt gekauft hätten. Und als einzige Antwort erhält eine lebenslange Sperre für den Kauf dieses Produktes. Was sich anhört wie ein Wirt, der einem extrem betrunken Gast keinen Alkohol mehr verkaufen will und ihn dann aus der Kneipe wirft, ist so in einem Apple Shop vorgefallen. Ein Kunde hatte bereits zuviel iPads gekauft und wurde darum auf die Schwarze Liste gesetzt. Vermutlich da er ein Reseller war, der die iPads übers Internet weiterverkauft hat. Was allerdings sein gutes Recht ist. Aber Apple denkt da wohl anders. Die komplette Geschichte, eine Übersetzung und alle Links findet ihr auf mobiflip.de.
Wie lange kann Apple sich solche Frechheiten noch erlauben? Der Kunde wird gegängelt, Programm auf iPhones werde aus der Ferne gelöscht, Programmierer zur Kasse gebeten wenn sie Programme schreiben wollen und Kunden lebenslang auf die Schwarze Liste gesetzt. Aber weltweit wird Apple in den Himmel gelobt und ihre Produkte als die besten der Welt angepriesen. Würde eine Regierung solche Maßnahmen machen, wäre sie schlimmer als China, Nord-Korea und Iran zusammen. Bei Apple scheint das allerdings niemand zu stören.
Siehe ebenfalls:
50.000 Apps in Android Market
iPhone-Nutzer treiben mobiles Internet an
iPhone-Nutzer sind ledig und unter 35
Android Market – Die Aufholjagd beginnt
US-Markt Anfang 2010
Ein sehr guter Beitrag findet sich auch in der ZDF Mediathek: Digitale Entmündigung
Zweiter Account von Ralf Bachmann
–> Details: https://www.ralfbachmann.de/author/ralfbachmann/