Die goldene Regeln im Onlinejournalismus scheint es zu sein, auch aus alten Infos einen neuen Artikel zu basteln. Nachdem Heise.de bereits seit Monaten bekannte Inhalte verwendet hat um einen „offenen Brief“ zum Thema E-Postbrief an die Deutsche Post zu schreiben und damit so innovativ war wie ein trockener Marmorkuchen am Kindergartenbasar, versucht es nun eGovernment.
Wie bereits kurz nach dem offiziellen Start des E-Postbrief klar war, lässt sich die Deutsche Post immer eine Rückzugsmöglichkeit offen. Von dem her hatte diese nie einen Hehl daraus gemacht, unter bestimmten Umständen wieder zu De-Mail zurückkehren zu wollen. Dies stand auch von Beginn an auf der FAQ Seite des E-Postbrief. Auch während den Pressekonferenzen wurden Fragen in diese Richtung immer positiv bestätigt. Natürlich wurde immer erwähnt, dass sowohl die juristischen wie auch die technischen Rahmenbedingungen stimmen müssten.
Da aber der E-Postbrief in der Anfangsphase ein Teil des De-Mail-Systems war und die Entwicklung beider Systeme sozusagen die gleiche Mutter hat, sind beide System von der Backend-Technik fast identisch. Da beide Systeme darüber hinaus auch auf ganz regulären und bereits bekannten E-Mailtechniken basieren, ist es auch jederzeit möglich wieder in das eine oder andere System einzusteigen. Auch heute darf sicher jeder deutsche Provider, der die Rahmenbedingung erfüllt, für De-Mail akkreditieren lassen. Das System steht allen Firmen und Anbietern offen.
Anlass für den neue Artikel ist ein Newsletter (PDF-Datei) von Thomas de Maizière in dem ankündigt wird, dass sich die Deutsche Post nun doch um eine De-Mail-Akkreditierung bemühen wolle. Was allerdings nicht sonderlich verwundert, da sowohl De-Mail wie auch der E-Postbrief ohne juristischen Background nur ganz reguläre E-Mails sind. Nicht mehr und nicht weniger. Erst durch das neue De-Mail-Gesetz werden die Möglichkeiten der Systeme erweitert. Um jedoch in den Genuss einer juristischen Absicherung zu kommen, muss sich jeder Anbieter auch im Rahmen des Gesetzes akkreditieren lassen. Es bleibt allen beteiligten also keine grosse Wahl. Entweder sie spielen mit oder sie bleiben reine E-Mail-Anbieter.
Es stellt sich natürlich die Frage, ob die Deutsche Post mit ihrem damaligen Ausstieg nicht zu hoch gepokert hat. Mehrere Entwicklungen sind nun denkbar.
1. Die Deutsche Telekom, United Internet und auch der deutsche Bundesrat bestehen aus verschiedenen Gründen auf eine einheitliche Kennzeichnung aller De-Mail Adressen mit dem Zusatz „de-mail.de“. Diese soll dem Nutzer die Identifikation der De-Mail Adressen ermöglichen. Aus Sicht der bis jetzt beteiligten Provider ist es natürlich auch eine Möglichkeit Konkurrenten aus dem System heraus zu halten. Die Deutsche Post hätte nun die Möglichkeit ihre kompletten Adressen auf „epost.de-mail.de“ um zu ändern oder ihr System getrennt zu fahren und dabei auf den juristischen Background zu verzichten. Dies würde aus dem E-Postbrief allerdings nur eine sehr teure E-Mail ohne Mehrwert machen. (Zusatzfunktionen wie Hybrid-Brief oder Fax-Funktion nicht mitgezählt)
2. Das De-Mail Gesetz bleibt, was die Endungen angeht, offen. Dann könnte jeder Provider seine eigene De-Mail Endung verwenden. Dies würde den Nutzern eine Identifikation der Provider bzw. der De-Mail Adressen deutlich erschweren. Technisch wäre diese Vorgehensweise jedoch kein grössere Problem, da beide Systeme mit ein paar Einstellungen kompatible zu einander sind.
Wie Ralph Wiegan auf eGoverment richtig andeutet kann der E-Postbrief bereits heute schon verwendet werden:
„Der ePostbrief funktioniert auch ohne De-Mail-Gesetz. Immerhin sind wir jetzt seit mehr als einem halben Jahr am Markt. Mit dem ePostbrief können Bürger bereits jetzt verbindlich und vertraulich im Internet kommunizieren. Ganz unabhängig vom De-Mail-Gesetz. Sie können formelle Dokumente übermitteln und persönliche Briefe. Sie können mit dem ePostbrief íhren Schriftverkehr mit Banken und Versicherungen regeln und auch alltägliche Kaufverträge oder Dienstleistungsverträge abschließen. Denn in den allermeisten Fällen genügt es dem Gesetzgeber, wenn eine Willenserklärung einer Person eindeutig zugeordnet werden kann.
Was jedoch fehlt ist eine juristische und bombenfeste Absicherung aller Nutzer und aller beteiligten Firmen. Der E-Postbrief hängt durch die namentliche Anmeldung der Nutzer in der Grauzone zwischen E-Mail und De-Mail fest. Diese Grauzone könnte in den nächsten Jahren gerichtlich für Sprengstoff sorgen, in dem E-Postbriefe zwar anerkannter als E-Mails sind, diese aber vor Gericht nicht die gleiche Rückendeckung genießen wie De-Mails, welche dem De-Mail Gesetz unterliegen. Diese Unsicherheit kann die Deutsche Post ihren Kunden kaum zumuten. Aus diesen Grund ist sie fast gezwungen wieder zum De-Mail-Gesetz und damit zum De-Mail-System zurückzukehren. Was uns wiederum zu den zwei Möglichkeiten bringt.
Entweder die Post ändert alle ihre Adresse, was ihr den Unmut vieler Nutzer bescheren würde oder das Pokerspiel geht für Post gut aus und das Gesetz lässt die Endungen offen.
Die nächsten Wochen werden zeigen, wer die besseren Karten in der Hand hält. Wenn die Deutsche Telekom und United Internet ein Full House haben, sieht es für die Deutsche Post schlecht aus. Aber wer weiss, vielleicht arbeitet die Deutsch Post bereits an einem Plan-B und erlaubt bald „epost.de-mail.de“ Endungen, um den Übergang zum neuen System für die Kunden zu erleichtern.
Zweiter Account von Ralf Bachmann
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