Ein Kommentar zur PKW-Maut Debatte.
Der deutschen liebstes Kind, das Auto, steht mal wieder unter Beschuss. Nach der heissen Diskussion um E10-Benzin und einer eventuellen Erhöhung der Dieselsteuer, kommt jetzt auch noch die alljährliche Debatte um die PKW-Maut.
Verkehrsminister Peter Ramsauer hat in seinem Ministerium schon mal ein paar Rechenbeispiele aufstellen lassen. Je nach Variante würde eine Vignette nach österreichischem Vorbild zwischen 80 und 365 Euro kosten. Wer nur kurz auf die Autobahn muss, kann auch Tages- oder Monatsvignetten kaufen. So die inoffiziellen Pläne in Berlin. Trotz sofortigen Stopp durch die Bundeskanzlerin ist die Katze aus dem Sack. Seit mehreren Jahren basteln Politiker verschiedener Couleur an einer „Bezahlvariante“ für das Benutzen der deutschen Autobahnen. Verschiedene Modelle wurden überprüft und durchgerechnet. Durch die bereits vorhandene Installation der LKW-Maut Brücken, würde es sich natürlich anbieten, auch für PKWs eine elektronische Vignette (E-Vignette) anzubieten. Das System müsste wenn überhaupt nur minimal angepasst werden.
Freie Fahrt für freie Bürger
Ein Blick ins Ausland verrät, dass wir Deutschen sowohl bei der Geschwindigkeit wie auch bei der Maut die Ausnahme bilden. Fast alle Länder in Europa verlangen für die Benutzung ihrer Autobahnen eine Gebühr. Grössere Städt wie London verlangen sogar Mautgebühren für die Innenstadt. Nur wir Deutschen weigern uns standhaft, uns unsere mobile Freiheit in irgendeiner Weise einschränken zu lassen.
Der pawlowsche Reflex geht sogar soweit, dass bereits das Erwähnen einer PKW-Maut in irgend einer Form zu lautstarken Protesten führt. Somit ist es in Deutschland de facto sogar verboten laut über das Thema nachzudenken. Dies führt aber auf kurz oder lang zu katastrophalen Entscheidungen. Zum einen wird durch das Denk- und Debattierverbot eine sauber Lösung bereits im Ansatz unterdrückt und zum anderen wird es darauf hinauslaufen, dass es wieder eine „Reparatur-Entscheidung“ der Politik geben wird.
Grundsätzliches Problem der deutschen Politik
Seit der Gründung der Bundesrepublik reparieren und flicken die deutschen Politiker an allen Ecken und Enden. Neue Gesetze ergänzen oder erweitern Alte. Korrekturen sollen alte Gesetze moderner machen. Sei es das Steuersystem, die Gesundheitssystem oder die Verkehrspolitik, seit Jahrzehnten hat es keine Partei geschafft, gravierende Änderungen oder sogar eine Totalrevision eines politischen Teilsystems auf die Beine zu stellen. Dies wird sich auch bei der PKW-Maut Debatte rächen. Anstatt das komplette „Verkehrsbesteurungssystem“ von Grund auf neu zu überdenken, wird die PKW-Maut einfach „oben drauf“ gesetzt. Trotz der Idee bei der teuersten Vignetten-Variante die KFZ-Steuer abzuschaffen, bleibt es lediglich bei einer Notlösung. Darüber hinaus wären die Auswirkungen bei dieser Lösung für die Kleinwagenfahrer gravierend.
Kleinwagen und sparsame Wagen bezahlen plötzlich genauso viel PKW-Maut wo grosse „Spritschlucker“. Jegliche Steuerersparnis verpufft und würde Kleinwagenfahrer zu den Verlierern der Reform machen.
Der ständiger Anstieg der Benzinpreise hat die Autofahrer sensible gemacht für Mehrausgaben. Wer immer nur verlangt und besteuert, ohne etwas zurückzugeben, hat von vorne herein verloren.
Von Grund auf neu überdenken und für die Zukunft wappnen
Wenn ein Haus ständig repariert werden muss und vor lauter Flickstellen mehr Löcher als Wände hat, reisst man es ab und baut ein neues Haus. Dies muss auch bei der PKW-Maut Debatte geschehen. Wer das komplette „Verkehrsbesteurungssystem“ verändern will, der muss es jetzt für die Zukunft ausrichten. Schwindende Ölreserven, steigende Umweltverschmutzung und höhere Instandhaltungskosten für Strassen müssen dabei genauso berücksichtigt werden, wie Automobilindustrie. Ebenfalls berücksichtigt werden müssen, das Elektroauto und die Eisenbahn. Der Bürger muss sehen, dass er bei sinnvoller Ressourcenverwendung und sinnvoller Verwendung umweltfreundlicher Alternativen sparen und damit für sich etwas gewinnen kann. Darüber hinaus muss der Bürger das Vertrauen haben, dass die Entscheidung für ein umweltschonendes Auto, nicht nach ein paar Jahren zu seinem Nachteil wird.
Wer ein Gut viel nutzt, soll auch viel bezahlen
Darum kann eine saubere Lösung nur eine Totalrevision des „Verkehrsbesteurungssystems“ sein. Abschaffung der KFZ-Steuer, Abschaffung der Mautgebühren und Umverteilung aller Gebühren und Steuern auf die Mineralölsteuer!
Was sich anhört wie weiteres Schröpfen des Autofahrers macht bei näherer Betrachtung Sinn. Die Prepaid-Handys, Gas- und Stromrechnungen haben es vorgemacht. Wer viel verbraucht, bezahlt auch viel. Wer sparsam ist bezahlt weniger. Dieses Prinzip sollte komplett und revolutionär in die Maut-Debatte übernommen werden. Wer sich ein sparsames Auto oder sogar ein Elektroauto kauft bezahlt wenig bis gar nichts. Wer ein grosses Auto mit einem grossen Motor fährt, oder viele Kilometer zurücklegt, bezahlt mehr. Wer umsteigt auf Bus und Bahn, kann sein Auto in der Garage lassen, ohne damit Geld für die KFZ-Steuer kaputt zu machen. Ein Elektroauto wäre sogar, sieht man von der Versicherung ab, komplett kostenlos und würde den Fahrer nur den Strom kosten. Damit würde nicht nur das Elektroauto und die neueste Generation sparsamen Automotoren vorangetrieben, sondern auch die alternativen Fortbewegungsmittel wie ÖPNV unterstützt.
Rahmenbedienungen verbessern
Ebenfalls in diese Überlegung mit eingeschlossen werden sollte das „KFZ-Wechelkennzeichen“. Wenn der Besitz eines Autos steuerlich kostenlos ist, sollten die Autofahrer auch nur das Auto versichern müssen, mit welchem sie gerade auf der Strasse sind. Carbios, Geländewagen, Familienkombis und Oldtimer, welche ungenutzt in der Garage stehen, sollten auch bei der Versicherung kostenlos sein. Der Autofahrer versichert nur das teuerste Auto sein Flotte und wechselt mit ein paar Handgriffen einfach das Kennzeichen an das Auto, welches er im Moment nutzen möchte. Somit würde sich ein Zweit- oder sogar Drittwagen für manch einen Auto-Fan rechnen. Dies würde den Autoabsatz und damit die Arbeitsplätze in Deutschland sichern helfen.
Fazit
Eine derart radikale Lösung bzw. eine Totalrevision des kompletten „Verkehrsbesteurungssystems“ wird trotz Absicherung nach allen Seiten auch einige Verlierer kennen. Menschen, die tagtäglich auf ihr Auto angewiesen sind oder auch Firmen wie Speditionen werden aufschreien. Doch unterm Strich wird es, auch auf langfristige Zeit, deutlich mehr Gewinner geben. Wenn die Ölreserven weltweit erschöpft sind, ist jedes Land mit einer fortschrittlichen Elektroindustrie auf der Gewinnerseite. Weg vom bisherigen Denken wird vielen Bürgern Schmerzen bereiten und viel Veränderungsängste auslösen, sich aber auf auf mittel- und langfristige Zeit mehr als rechnen. Die Politik ist jetzt aufgerufen endlich einmal das Problem zu lösen bevor es aufkommt. Weitsichtigkeit und Visionäre sind jetzt gefragt.
Nachtrag:
In der ZDF Mediathek findet sich ein interessanter Bericht zum Thema Tempolimit auf deutschen Autobahnen. http://bit.ly/dN9NkS
Zweiter Account von Ralf Bachmann
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