Social Media in Unternehmen ist und bleibt für viele Mitarbeiter und Verantwortliche ein rotes Tuch. Bereits die Nutzung von Social Media zur externen Kommunikation – egal mit welchen Zielen – scheint für viele Entscheidungsträger in Deutschland auch heute noch undenkbar oder zumindest fragwürdig. ROI, KPI, Shitstorm und Fanzahlen sind Buzzwords mit denen versucht wird jede Neuerung und jede Öffnung nach außen zu verhindern. Zu sehr sehen Entscheider Facebook und Co. als rein privates Tool mit keinerlei Business-Vorteilen.
Social Media hat in deutschen Unternehmen auch heute noch einen schweren Stand. Oft sehen die Verantwortlichen Facebook und Co. als Zeitverschwendung oder Werbekanal ohne Erfolgsmessung und Verkaufsgarantie. Doch auch bei der internen Kommunikation sind laut einer Umfrage 72% der Befragten nicht der Meinung, dass soziale Netzwerke die E-Mail ablösen können respektive glauben nur die restlichen 28 %, dass es bessere Alternativen zur Kommunikation als die klassische E-Mail gibt.
Trotz einer bereits 2006 klar zu erkennenden Belastung durch die E-Mailflut am Arbeitsplatz halten deutsche Arbeitnehmer an dieser Form der Kommunikation fest. Für ganze 82 Prozent der Befragten ist die E-Mail auch heute noch kein Auslaufmodell und für 65 Prozent ist die E-Mail am Arbeitsplatz sogar unverzichtbar. Schlechte Aussichten also für Veränderungen. Eine Gegenbewegung ist jedoch in Ansätzen erkennbar, wird aber oft belächelt und auch kritisiert. Firmen wie Atos sind dazu übergegangen die E-Mail zumindest für die interne Unternehmenskommunikation zu verbieten. Als Ersatz dienen Blogs, Wikis, Chats, Gruppen, Pinnwände und andere Features, die aus den sozialen Netzwerken bekannt sind. Bevor eine solche radikale Kehrtwende gemacht werden kann, müssen jedoch zuerst die technischen Rahmenbedingungen vorbereitet werden.
Deutscher Datenschutz und die Cloud
Tools wie Facebook, Yammer und andere Business-Netzwerke sollen die E-Mailflut eindämmen, die Informationen an einem zentralen Ort sammeln und so die Ablenkung der Mitarbeiter senken. Cloud-Lösungen versprechen einen einfachen und teilweise kostenlosen Zugang. Dabei werden jedoch Informationen und unter Umständen auch interne Dokumente in die Cloud ausgelagert und damit auf fremden und oft ausländischen Servern gespeichert. Ein sichertechnischer und auch datentechnischer Albtraum für jedes deutsche Unternehmen. Ein sicheres firmeninternes Netzwerk muss also die Möglichkeit einer In-House Lösung ermöglichen.
Self-hosted Lösungen für Datensicherheit
Self-hosted Lösungen wie z.B. Coyo (www.coyoapp.com) versprechen hier eine mögliche Lösung. Coyo lässt sich auf dem firmeneigenen Server betrieben und stellt so eine juristisch sichere Umgebung bereit. Über die diversen Features wie Neuigkeiten, Kalender, Profil & Kollegen, Seiten & Inhalte, Projekte & Gruppen, Suche, Pinnwand, Wikis, Dokumenten Manager, Formulare und einem Dashboard lassen sich je nach Ausrichtung und Firmenstruktur Informationen teilen und intern kommunizieren. Für externe Agenturen oder Kunden bietet Coyo ebenfalls Zugänge, die intern auf die entsprechenden Gruppen oder Projekte beschränkt werden können. So können auch externe Kollege an denen für sie bestimmten Informationen Teil haben bzw. Informationen direkt einspielen.
One-to-all statt one-to-one oder one-to-many
Entscheidend ist neben der technischen und juristischen Lösung ein Umdenken im kompletten Unternehmen. Die klassische Kommunikationsform von one-to-one oder one-to-many hat enorme Nachteile. Durch starken Streuverlust der CC oder BCC Funktion der E-Mail werden Arbeitskollegen gestört, die oft nur am Rand oder im schlimmsten Fall gar nichts mit dem Inhalt der E-Mail zu tun haben. Durch Replay @all geht dieses Spiel dann oft noch hin und her, bis der Initiator die benötigte Antwort erhalten hat. Im Büroalltag wäre das in etwa so, als würde man jedes Mal wenn ein Mitarbeiter eine Frage an einen anderen Mitarbeiter hat, alle Kollegen zum Meeting einberufen und sie zwingen zuzuhören. In der Face-to-Face Kommunikation undenkbar – bei E-Mails oft Alltag.
Auf der anderen Seite werden oft Fragen immer und immer wieder gestellt, die bereits beantwortet wurden – nur eben nicht diesem Kollegen. Somit werden Informationen doppelt und dreifach geteilt und rauben damit Zeit. Die E-Mail ist damit eine Kommunikationsform, die teilweise zu viele und teilweise zu wenige Mitarbeiter erreicht. Damit ist die E-Mail für Unternehmen in denen viel kommuniziert wird, eine sehr schlechte Kommunikationsform.
Die E-Mail entspricht jedoch genau der Vorstellung, die wir als Menschen von der Kommunikation haben und genau hier liegt das Problem. Wer einen anderen Mitarbeiter ansprechen will, rufe ihn direkt an, schickt ihm eine E-Mail oder spricht ihn an. Je nach Informationen und Absicht wird der Ansprechpartner oder ein Team (CC bei E-Mails) direkt ausgewählt. Niemand würde auf die Idee kommen, eine Nachricht an der Kaffeemaschine zu hinterlassen, wenn er eine Frage zum einem Projekt hat. Genau diese Art der Kommunikation bringt in der digitalen Welt jedoch enorme Vorteile – aber auch neue Herausforderungen.
Vorteile des zentralen Wissensmanagements
– Informationen jeglicher Art (Verhaltensregeln, Kundeninformationen, Dateien, Arbeitsanweisungen und sogar ganze Projekte) werden zentral an einer Stelle aufgehoben und sind für alle (oder nur bestimmte Team-Mitglieder) jederzeit zugänglich
– Fragen müssen nur einmal gestellt werden und können eventuell sogar von ganz anderen Kollegen beantwortet werden, an die man eigentlich gar nicht gedacht hätte
– asymmetrische Kommunikation erlaubt dann zu Antworten, wenn man Zeit hat und nicht konzentriert arbeiten muss
– das Wissenmanagement über langlebige Techniken wie Blogs oder Wikis erlaubt auch neuen Mitarbeiten sich in die Thematik einzulesen
– gemeinsame Kalender, Inhalte und Pinnwände erlauben Informationen zu veröffentlichen ohne Kollegen zu stören
– sogar externe Informationen wie Zeitungsartikel und andere Hintergrundinformationen, die für das Team wichtig sind, können so geteilt werden ohne eine @all E-Mail zu schreiben
– durch die Suchfunktion gehen keine Informationen verloren und können auch dann gefunden werden, wenn E-Mails bereits lange gelöscht sind
– das Wissen der Mitarbeiter bleibt auch dann erhalten, wenn diese das Unternehmen verlassen
Nachteile des zentralen Wissensmanagements
Nachteil gibt es eigentlich nur einen – die Mitarbeiter!
Mitarbeiter und eventuell externe Agenturen müssen lernen, von der alten Form der Kommunikation Abstand zu nehmen und lernen Inhalte für alle Mitarbeiter bereit zu stellen und diese auch so aufzubereiten, dass sie später wieder gefunden werden. Dieser Schritt bzw. dieses Umdenken ist im besten Fall erst am Anfang. Mit 60-80 Prozent der Studienteilnehmer, die geistig mit allen Mitteln an der E-Mail und damit der one-to-one und one-to-many Kommunikation festhalten, ist die Umstellung schwer. Ob interne E-Mail-Verbote hier weiterhelfen ist fraglich, da ein Verbot auch zeigt, dass die Umstellung noch nicht in den Köpfen der Mitarbeiter angekommen ist.
Dies zeigt auch die Auskunft der Coyo Mitarbeiter am CeBIT Stand. So musste auf vielfachen Wunsch der Kunden ein Messenger System nachgerüstet werden, was so nie angedacht war. Natürlich soll nicht verschwiegen werden, dass es auch Inhalte gibt, die direkt kommuniziert werden müssen. Seien es private Nachrichten wie eine Verabredung zur Mittagspause oder auch Informationen die wirklich nur zwei Gesprächpartner angehen.
Dennoch bleibt zu bedenken, dass das Umschwenken von E-Mails auf Messenger nur eine minimale Verbesserung ist und das Grundproblem der radikalen Kommunikationsveränderung nicht löst.
tl;dr
Wenn die technischen und juristischen Rahmenbedingungen stimmen, haben firmeninterne soziale Netzwerke das Potential die Ablenkung der Mitarbeiter zu senken und damit die Produktivität zu steigern. Wissen und Informationen können für alle Mitarbeiter nach Gruppen und Projekten gegliedert auch langfristig zur Verfügung gestellt werden. Damit sind alle Mitarbeiter auf dem gleichen Stand und haben jederzeit Zugriff auf das gesammelte Wissen aller anderen Mitarbeiter. Der Austausch zwischen Mitarbeitern erfolgt sicher auf dem Firmenserver, ist jedoch auch aus dem Home-Office oder per Smartphone zu erreichen.
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EDIT: 13. März 2013
Die Schweizer Firma Holcim wechselt mit 40.000 Mitarbeiter den IT-Anbieter und verlässt sich in Zukunft bei E-Mail, Kalender, Texte und Tabellen ganz auf Google und die Google Cloud. Sicherheitsbedenken hat das Unternehmen laut dem Sprecher nicht.
Update: 27. März 2013
Fast zeitgleich hat sich auf Google+ eine ähnliche Diskussion entfaltet. Die Teilnehmer haben einige Systeme/Anbieter auf Lager. Wer sich also für das Thema Social Media für interne Unternehmenskommunikation interessiert, sollte dort mal vorbeischauen. Auch ganz spannend sind die ersten Eindrücke aus Firmen, die bereits diesen Weg gegangen sind. https://plus.google.com/u/0/110540951852615522841/posts/cUWH3B3wnUP
Die FAZ.net hat sich in einem Artikel nun auch mit sozialen Netzwerken in Unternehmen befasst und kommt zum gleichen Schluss. Ziel ist es, Mitarbeiter so wenig wie möglich aus der Arbeit zu reißen und Abläufe schnell und einfach zu gestalten. Die eingesparte Zeit kann dann wiederum – so wie es die Controller gerne haben – in harte Euros ausgerechnet werden.
Die Journalistin CAROLA SONNET macht dabei jedoch den kleinen Fehler und sieht die Störungen respektive die Einsparungen eher global. Dabei spielt es eigentlich keine Rolle, ob einem der Kollege aus Hongkong, München oder aus dem Büro nebenan eine E-Mail schreibt und damit eine Unterbrechung der Arbeit hervorruft. Somit ist das Einsparpotential auch für Firmen gegeben, die keine globale Ausrichtung oder verschiedene Standorte auf der ganzen Welt haben.
Wie der Text in FAZ.net nochmals deutlich zeigt, braucht es auch für das Intranet eine Strategie. Es reicht nicht einfach ein neues Intranet zu programmieren oder eine Software zu installieren. Es muss nach vorher definierten Zielen erstellt, gepflegt und verwaltet werden. Der Content muss mit gleicher Professionalität behandelt werden wie im offenen Internet. Eventuell benötigen die Mitarbeiter auch Schulungen und Einführungen. Die Strategie muss also Content, Technik und Schulungen enthalten. Gespräche in privaten Umfeld haben gezeigt, dass viele Mitarbeiter mit dem Intranet und dem selbständigen Suchen von Arbeitsanweisungen oder Informationen überfordert sind. Diese Mitarbeiter benötigen eine per E-Mail und mündlich klar formulierte und direkt an sie gerichtete Arbeitsanweisung. Das Intranet wird wenn überhaupt alle paar Wochen inspiziert. Diese Verhaltensmuster können dann wiederum mit zielgerichtetem Recruiting und oder Schulungen abgefangen werden.Es läuft jedoch darauf hinaus, dass das Intranet wie das Internet viel Potential bereit hält, welches weit über die Speisekarte der Cafeteria hinausgeht.Update 17.06.2013
PCWelt.de berichtet über Coyo 2.3
Content Marketing Manager
Generalist: Projektmanager mit Faible Content Marketing & Social Media, ausgebildeter Journalist & PR-Berater, Erfahrung in Unternehmenskommunikation, Digitalisierung und Collaboration-Tools.
Du hast noch die “altmodische”, aber nicht unbedingt schlechtere Alternative für one-to-all communication vergessen: newsgroups.
Einfach im Unternehmen selbst zu hosten, langlebige Technik, offene Protokolle (einfacher Wechsel des Serviceanbieters!), einfache Integration mit anderen Werzeugen wie Wikis, kostengünstig.
Hallo Moritz,
Absolut richtig. Newsgroups und z.b. auch klassische Foren können auch eine Möglichkeit sein. Alles natürlich abhängig von den Zielen, Rahmenbedingungen und dem Budget.