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Content-Marketing vs. Journalismus – Teil 2: Warum Journalisten gute Content-Marketeer sind

Content Marketing vs. Journalismus

Je mehr sich Content-Marketing als eigene Disziplin in Marketing-Mix festigt, desto mehr kristallisiert sich natürlich auch heraus, welche Eigenschaften ein ‘Content-Marketeer’ – also jemand der sich beruflich mit Content-Marketing beschäftigt – haben muss. Das Berufsbild wird immer mehr “geschliffen”. Und trotz Abgrenzungsversuchen seitens des Journalismus zeigt sich auch, wie ähnlich sich die beiden Disziplinen doch sind. Grund genug, sich das “brüderliche” Verhältnis einmal näher anzuschauen.

Content-Marketing kann von vielen Seiten gesehen werden. Der Social Media-Schaffende sieht Content-Marketing als Inhalt für seine Social Media-Kanäle, der SEO’ler schaut sich die Texte aus Suchmaschinen-Sicht an, der PR’ler aus Unternehmenssicht und der Blogger (falls es diesen Ausdruck 2017/2018 überhaupt noch gibt?) schaut sich die Inhalte vielleicht aus der Storytelling-Sicht an, der Grafiker sieht darin schicke Info-Grafiken und der junge Generation-Z-Praktikant sieht ein schickes Video oder einen Snap über Snapchat. Der SEA’ler würzt das Ganze noch mit einer Prise ‘Paid Media’ ab und alle haben sie irgendwie Recht – und irgendwie auch nicht. Content-Marketing, und das wurde schon oft genug gesagt, ist ein Gericht mit vielen Zutaten. Wer Content-Marketing wahlweise nur als Online-Artikel oder als Video sieht, hat einen verengten Blick auf das Thema und sollte einen Schritt zurück gehen, um das Ganze zu sehen.

10 Dinge, die Content-Marketing-Manager und Journalisten beherrschen müssen:

Wie das Leben so spielt. Da tüftelt man an einem Artikel und dann schreibt ein Kollege einen Gleichen und – wie ich zu geben muss – deutlichen besseren Artikel. Johannes Ceh beschreibt auf Basicthinking.de “10 Dinge, die Marketer von Journalisten lernen können” und trifft damit genau den Nagel auf den Kopf. Johannes Ceh zählt in seinem Artikel folgende Punkte auf, welche Content-Marketeer von Journalisten lernen können und sollten:

  1. Zuhören
  2. Differenzieren
  3. Authentizität
  4. Lernen
  5. Big Picture
  6. Recherchieren
  7. Verstärken
  8. Verstehen
  9. Vergessen
  10. Verkürzen
    (im Original-Artikel sind die Punkte detaillierter beschrieben)

Alle zehn Eigenschaften haben gemein, dass sowohl der Content-Marketing-Manager, wie auch der Journalist, den “Leser” und damit den Kunden und seine Bedürfnisse bzw. seine Fragen in den Mittelpunkt stellt und dann durch Empathie und redaktionelles Knowhow (z.B. Storytelling, Formulierung, Dramaturgie etc.) diese “Bedürfnisse” beim Kunden erfüllt und bedient. Auch ein Journalist muss über den Begriff der ‘Relevanz’ und die Fähigkeit der Emphatie die “Bedürfnisse” der Leser kennen oder herausfinden (oder zumindest muss dies der Verlag übernehmen). Erst dann erhält der journalistische Beitrag Relevanz im Sinne “für den Leser nützlich und interessant”. Und genau wie bei einer Marketing-Zielgruppe hat auch der Journalist eine Zielgruppe, denn nicht jeder Artikel ist für jeden Leser gleich relevant. Der Jahresbericht über den Hasenzüchterverein oder das letzte Feuerwehrfest in einem kleinen Dorf wird vermutlich für viele Leser einer regionalen Zeitung wenig Relevanz haben. Dennoch wird es Interessierte geben, die genau diese Berichte in der Zeitung lesen wollen respektive solche Berichte, die das Leben in ihrem Dorf und ihrer Gemeinde beschreiben. Es kommt also immer auf die individuelle “Lücke” des Lesers an und wie der Journalisten und der Content-Marketeer diese Lücke “füllen” können.

Stellenbeschreibung: Was fehlt ist Hilfsbereitschaft, Empathie und Identifikation

Maël Roth hat sich in seinem Artikel “Stellenanzeigen für Content-Marketing-Rollen: irgendwie ironisch…” einmal näher mit den Stellenausschreibungen im Bereich Content-Marketing beschäftigt und auch hier lassen sich Gemeinsamkeiten mit dem Journalismus finden. So fehlen für Maël Roth bei fast allen Stellenausschreibungen, die etwas mit Content-Marketing zu tun haben, zum einen die Hilfsbereitschaft seitens des Senders an bzw. für den Empfänger (Zielgruppe) und zum anderen auch die Empathie sich auf den Empfänger einstellen zu können, sowie die Identifikation mit der Vision und der Mission des Unternehmen. Gute Content-Marketeer kennen das “warum” respektive sagen gute Unternehmen ihren Marketing-Mitarbeitern “warum” sie Marketing in einer bestimmten Form machen.

Als Journalist/in ist man – vielleicht auch aus sentimentalen und leicht naiven Gründen – aber genau auf diese Punkte eingeschworen (lassen wir mal aussen vor, dass man bei dem geringen Gehalt sich vielleicht eben genau solche Charaktereigenschaften zulegen muss, um den Job dauerhaft zu machen). Man versucht den Lesern “da draussen” zu helfen, in dem man Sachverhalte erklärt, die von politische, wirtschaftliche oder kulturelle Bedeutung sind.

Damit tragen sie [Journalisten; eigene Anmerkung] zum Prozess der öffentlichen Meinungsbildung bei und erfüllen somit eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Sie artikulieren für die Öffentlichkeit Sachverhalte und Probleme. […] Des Weiteren sind Journalisten daran beteiligt, die öffentliche Aufmerksamkeit auf bestimmte Themen und Ereignisse zu lenken (Agenda Setting), um so die Tagesordnung des öffentlichen Lebens mitzubstimmen. Auch kann Journalismus eine reine Unterhaltungsfunktion übernehmen. Nicht zu unterschätzen ist zudem der bildende Wert des Journalismus: Ein Großteil der Allgemeinbildung wird immer noch durch Massenmedien vermittelt. Journalismus kann aber auch eine sozialisierende und erziehende Wirkung auf die Gesellschaft haben und Einfluss auf Ansichten und letztlich Verhaltensweisen ausüben. (Quelle: Deutscher Fachjournalisten Verband)

Je nach Art und Historie des Mediums identifiziert sich ein Journalist also auch mit dem gesellschaftlichen Auftrag, welchen diese Profession mit sich bringt und erhält so das “warum” (Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel und nicht jeder Journalist und jeder Verlag ist ein Leuchtfeuer der Aufklärung – soviel Realität muss leider sein).
Beide Seiten, also Content-Marketeer und Journalisten, kennen damit ihren Auftrag und  ihr “warum” und können sich somit auf ihre Zielgruppe einstellen und gute und relevante Geschichten finden und publizieren.

Content-Marketing & Journalismus als Handwerk

Christoph Trappe beschreibt in seinem Artikel sehr gut die handwerklichen Gemeinsamkeiten zwischen Journalisten und Content-Marketeer. Für ihn ergeben Journalisten sogar großartige Content-Marketeer (Zitat: “I’ve been saying for a while that great journalists make great content marketers.”). Seiner Meinung nach graben Journalisten “tief” für Geschichten, die es wert sind erzählt zu werden. Sie würden die richtigen Fragen stellen, um die einzigartigen Situationen zu finden (to find uniqueness in situations). Und sie würden Geschichten “verdaulich”, also verständlich machen und diese dem Publikum so präsentieren, dass dieses die Geschichten auch konsumieren will. Christoph Trappes Einstieg in die Geschichte liest sich wie eine kleine Laudatio auf Journalisten inkl. knapper Deadlines und die notwendige Nase für gute Geschichten.

Zusammengefasst haben für Christoph Trappe Journalisten also alle handwerklichen Fähigkeiten, welche auch für Content-Marketeers notwendig sind, um “Unternehmens-Geschichten” (organizational stories) zu erstellen, die dann wiederum dem Business-Ziel dienen.

Man kann sich nun darüber streiten, ob Content-Marketeer der “natürliche” nächste Schritt auf der Karriereleiter eines Journalisten ist (is a natural next step. Hours are likely better. So is the pay probably. There are still daily deadlines from time to time, but not nearly as often as in the actual journalism work), denn genau hier muss der Euphorie von Christoph Trappe ein Stop-Schild gesetzt werden. Zu sagen, dass Content-Marketeer der (“natürlich” oder “unnatürlich” spielt erstmal keine Rolle) nächste Entwicklungsschritt eines Journalisten wären, würde den Berufsstand des Journalisten respektive die Profession degradieren zu einem Zwischenschritt auf dem Weg zum “Unternehmens-Journalisten”. Also zu einer Art “minderwertigem” Zustand, einer Art “Azubi” auf dem Weg in ein großes Unternehmen.

Auch wenn Christoph Trappe seine Aussage sofort wieder relativiert, in dem er sagt: “It’s not “switching to the dark side.” It’s making an impact with your storytelling skills. It’s about helping organizations be authentic and being public about it.”, bleibt nach dieser Aussage ein kleiner Beigeschmack übrig. Natürlich helfen Content-Marketeer dabei ein Unternehmen authentisch zu präsentieren und die Arbeit ist vielleicht auch etwas leichter, da firmeninterne Ansprechpartner – Christoph Trappe nennt sie “Experts” – eher zur Zusammenarbeit gewillt sind als andere Interview-Partner (lassen wir an dieser Stelle einmal ausser Acht, ob dies nur auf Druck der Geschäftsführung so abläuft oder in wie weit der Sinn und die Notwenigkeit von Content-Marketing in alle Abteilungen vorgedrungen ist respektive, ob diese Sichtweise nur dann zutrifft, wenn alle Parteien richtig mitspielen), aber am Ende bleibt es doch eins – Marketing.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass Christoph Trappe am Schluss seines Artikels leider komplett in die falsche Richtung abdriftet, wenn er schreibt: ” It’s storytelling and journalism – except you don’t usually get published on those media outlets. There’s also no byline for you. You are OK with that because your stories make a big impact. You typically ghostwrite from the expert’s point of view. You still watch engagement for stories, though, just like you did when they had your bylines. You are here to make an impact through meaningful stories.

Mit dieser Sichtweise könnte man sagen, dass Content-Marketing zwar Journalismus ist, aber nicht in den gängigen Zeitungen und Magazinen veröffentlicht wird. Allein dies lässt “Paid Media” ausser acht und reduziert Content-Marketing auf Owned Media Kanäle, was definitiv eine zu enge Sichtweise ist. Des weiteren begeht Christoph Trappe den Fehler zu sagen, dass der Autor (byline) nicht genannt wird. Nun könnte man sagen, dass es zwar ratsam wäre den Autor mit Namen zu nennen (Stichwort: corporate influencer), dies aber nicht unbedingt notwendig ist. Was aber notwendig ist, die Nennung der Marke. Nicht nur aus juristischer Sicht (Stichwort: Schleichwerbung), sondern auch weil Content-Marketing der Strategie des Unternehmens dienen muss und hier muss die Marke sichtbar sein, bzw. muss der einzelne Artikel auf die Marke einzahlen. Aus juristischer Sicht, ist zu dem das “Nichtnennen” der Marke ganz nah oder bereits mitten drin in der Schleichwerbung. Ein “Ghostwriting” wie es Christoph Trappe nennt, ist also aus mehreren Gründen nicht zu empfehlen und entspricht definitiv nicht dem klassischen Definition von Content-Marketing.

Ob die im letzten Satz erwähnt Position als “stiller Held” des Unternehmens, der ohne Nennung seines Namens dem Unternehmen hilft “Impact” zu generieren zutrifft und/oder befriedigend ist, muss jeder Mitarbeiter selber entscheiden.

https://authenticstorytelling.net/a-new-role-the-content-marketing-journalist/

Journalismus ist Content-Marketing für den Verlag

Aber Moment, werden nun viele Leser sagen. Journalismus hat doch die gesellschaftliche Funktion die Menschen aufzuklären und Missstände aufzudecken oder zumindest zu unterhalten, während Marketing immer “Umsatz” als Ziel hat. Alles richtig!
Und solange wir bei öffentlich-rechtlichem Journalismus sind, könnte man hier auch aufhören zu schreiben. Bei privat finanziertem Journalismus bzw. privaten Verlagen sieht es schon leicht anders aus respektive kommt hier der finanzielle Druck ins Spiel. Ein privater und damit in den meisten der Fälle (ausgenommen sind Verlage, welche rein durch Spenden und Stiftungen finanziert werden) auf Profit oder zumindest eine schwarze Null optimierter Verlag, muss auch wachsen. Und das heisst in den meisten Fällen erstmal mehr Leser gewinnen, welche dann durch Werbung respektive das Ansehen der Werbung oder durch Abos Geld zurückfließen lassen. Und hier ist jeder journalistische Artikel auch eine Art “Werbung” für den Verlag oder zumindest das jeweilige journalistische Produkt. Jeder Artikel macht damit Content-Marketing für die gesamte Zeitung und den Verlag. Mit jedem gut geschriebenen Artikel positioniert sich die Zeitung oder jeder Journalist als Experte auf dem jeweiligen Gebiet. Und verkauft so, genauso wie Content-Marketing in Unternehmen, das Produkt ohne direkt dafür Werbung zu machen.

Weiterführende Links:

Content-Marketing vs. Journalismus – Teil 1

EDIT:

Why Your Marketing Team Should Be Journalists (entrepreneur.com)

Warum Journalisten zu Unternehmen wechseln

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