oder warum ‘Spiegel online’ das Internet immer noch nicht verstanden hat.
Kommentar zum ‘Spiegel online’ Artikel „Kommunikationsirrsinn: Wer bin ich – und wenn ja, wo?“ der nicht nur falsch ist, sondern gleichzeitig eine beinahe elitäre Unwissenheit über die Onlinewelt offenbart. Der Autor Stefan Berg beschreibt in seinem Artikel die Auflösung der Kommunikation und die fast schon desaströse Beschleunigung des heutigen Lebensstils durch moderne Smartphone- und Internetkommunikation. Dabei begeht er den Fehler sich rein auf Äußerlichkeiten und sichtbaren Symptome zu beschränken und hängt darüber hinaus einer idealisierten und romantisierten Wunschvorstellung einer Gesellschaft nach, die es so wohl nie gab.
Der Leser wird gleich zu Beginn des Artikels von einem Photo begrüßt, welches einen Mann mittleren Alters zeigt, der wutentbrannt sein Mobiltelefon anschreit. Ein Einstellung, die sich auch im Artikel deutlich wiederfindet. Als sei das Mobiltelefon Grund allen Übels.
Auch die ersten Worte in der Einführung zeugen von einer eher negativen Sicht auf das Thema. So würden wir laut Berg durch die heutigen Kommunikation nicht nur jede Beziehung zu Raum und Zeit verlieren, sondern unsere Hirne seien auch vom Herzen entkoppelt – grosse Worte leicht ausgesprochen.
Beginne stets mit einem Beispiel:
Als Einstieg erzählt Berg ein Paradebeispiel, welches wohl täglich in tausendfacher Ausführung auf Flughäfen und Bahnhöfen zu bestaunen ist. Ein abgehetzter Mensch irrt mit seinem Mobiltelefon durch die Weiten der Flughalle und hat keine Zeit für seine Umgebung.
Das Schöne an einprägsamen Beispielen ist, dass sie dem Leser eine gutes Gedächtnisbild liefern. Aber genauso wenig wie eine Schwalbe keine Sommer macht, kann ein Beispiel eben nicht die Allgemeinheit abdecken. Die Gesellschaft und vor allem die menschliche Kommunikation besteht eben aus mehr als einem einzigen Beispiel.
Auch das zweite Beispiel von vier Jugendlichen in einer Strassenbahn zeigt wenig Tiefblick für die Art und Weise der menschlichen Kommunikation und die technischen Möglichkeiten. Der Leser erfährt eine Geschichte über vier Jugendlichen, die in einer Strassenbahn sich zwar gegenüber sitzen aber anstatt zu reden und sich auszutauschen, lieber in ihre Smartphones starren. Der Autor und in diesem Fall unbeteiligter Beobachter, gibt zu nicht zu wissen, was sie genau mit ihren Smartphones machen, aber trotzdem ist es automatisch schlechter als sich zu unterhalten.
Der Leser erfährt aber nicht, ob die Jugendlichen sich überhaupt kennen und somit auch unterhalten wollen. Kaum jemand möchte von fremden Menschen in der Strassenbahn „zu gequatscht“ werden. Das gilt auch für Jugendliche.
Der zweite Fehler den Stefan Berg nicht nur an dieser Stelle macht, ist die technische Kommunikation, oder wie er es nennt „Gerätekommunikation“, der persönlichen Kommunikation unterzuordnen. Niemand weiss, was die Jugendlichen mit ihren Geräten machen oder mit wem sie sich über welche Plattformen und über welche Inhalte austauschen. Allein die Tatsache, dass sie es über ihre Smartphones machen, scheint dem Autor Grund genug die Kommunikation abzuwerten.
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